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Warum ich dabei bin


Menschen, die in der Telefonseelsorge beginnen, starten aus unterschiedlichen Gründen und mit unterschiedlichen Wünschen. Nicht alle erfüllen sich. Aber für Alle, die dabei bleiben, bleibt ein Gewinn. Lesen Sie den Bericht einer Ehrenamtlichen.

Seit 14 Jahren ehrenamtliche Mitarbeiterin bei der Telefonseelsorge Saar – und kein Ende abzusehen

 

Viele Menschen verbinden mit dem Krisentelefon, dem Chat oder der Onlineberatung im Rahmen der Telefonseelsorge etwas Schweres und Belastendes und können sich auf Anhieb nicht vorstellen, wie die Mitarbeit dort in vielfacher Hinsicht bereichert.

Geben und Nehmen stehen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander: So ist es für mich nach vielen Jahren der ehrenamtlichen Tätigkeit; so geht es KollegInnen, die 10, 20 oder 30 Jahre mit dabei sind.

 

Auf der Waagschale des Gebens liegt die Verpflichtung zu regelmäßigen Diensten, z.B. am Telefon drei fünfstündige Tagdienste im Monat oder ein neunstündiger Nachtdienst, jeweils mit Gesprächen, die herausfordernd sein können.

 

Auf der Waagschale des Nehmens liegt für mich mehreres nebeneinander:

 

Ich bin neugierig auf  Menschen. Mich hat schon immer interessiert, wie unterschiedlich Menschen sein können und auf welch unterschiedliche Weise sie mit den Herausforderungen des Lebens umgehen…und was ich davon lernen kann. Und das auch verbunden mit der Frage, ob und wie es mir gelingen könnte, einem Anrufenden hilfreich, tröstend, unterstützend zur Seite zu stehen.

 

Da sind also die Anrufenden mit ihren Anliegen: Trennung, Trauer, Krankheit, Behinderung, Depression, Familienkonflikte, Einsamkeit, Armut, Sucht und mit ihrer Art der Problembewältigung.

Das kommt meinem Interesse an Menschen entgegen.

Und da bin ich und muss bereit sein und lernen, mit Schwerem, manchmal Aussichtslosem oder anscheinend Banalem, auch mit Unglaublichem und  Erstaunlichem umzugehen.

Das kommt meiner Bereitschaft entgegen,  Neues über mich selbst zu lernen. Z.B.: Mit welchen Themen und Menschen komme ich gut zurecht, mit welchen immer wieder nicht? Warum? Was könnte ich anders machen?

Solche Lernprozesse interessieren mich. Dabei können Lichter aufgehen, die auch ins restliche Leben hineinleuchten.

Diese Lernprozesse wurden schon während der intensiven Zeit der Vorbereitung auf die ehrenamtliche Mitarbeit angeregt und setzen sich fort im Rahmen der monatlichen Supervision in Gruppen von etwa 10 KollegInnen.

Ergänzt werden sie durch interessante Fortbildungsveranstaltungen.

 

Ganz zentral habe ich auch gelernt – und lerne noch weiter – was es bedeutet, ein hilfreiches Gespräch zu führen.

Das wirkt sich immer wieder in meinem Privat- und Berufsleben positiv aus.

 

Telefondienste verlaufen unterschiedlich. Manchmal ist Geduld nötig, manchmal ist es schwer, dem Mitteilungsbedürfnis von Anrufern Grenzen zu setzen, manchmal gibt es missbräuchliche Anrufe.

Häufig gehe ich aber nach meinem Telefondienst mit dem Gefühl nach Hause: Wie gut, dass ich heute hier gesessen habe. Denn ein Anrufer hat sich verstanden gefühlt und war sehr dankbar dafür. Eine andere konnte durch das Aussprechen und gemeinsame Betrachten eines Problems anschließend  klarer sehen, oder ein weiterer hat sich gefreut über ein Alltagsgespräch, weil er oder sie an diesem Tag sonst noch mit niemandem gesprochen hatte.

Dann entsteht Zufriedenheit und das Gefühl, in sinnvoller Weise ehrenamtlich tätig gewesen zu sein.

 

Was ich des weiteren sehr schätze und was als wichtiger Teil in meiner Waagschale des Nehmens liegt, ist es, bei der Telefonseelsorge Teil einer besonderen Gemeinschaft zu sein, in der Oberflächlichkeit wenig Raum hat, in der aber neben Ernst und Tiefgang viel Platz für Humor und Lachen ist. Man trifft sich in der Supervisionsgruppe, bei Dienstübergaben, bei Fortbildungs- oder Gemeinschaftsveranstaltungen.  Immer wieder entstehen daraus auch Freundschaften.

 


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